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Interview mit Susanne Decker

Leiterin des Jugendzentrum „Black Bull“ in Münster-Amelsbüren, langjährige Sprecherin der AG 1 „Gender“ und aktiv im Organisationsteam des AK Mädchen* Münster.

Das Interview führte Antje Schmidt-Schleicher, Mitarbeiterin des Amtes für Gleichstellung mit dem Arbeitsschwerpunkt Mädchenförderung.

Susanne Decker
Wann bist du das erste Mal mit Mädchen*arbeit in Berührung gekommen?

Einmal als Jugendliche. Ich war 18 und kurz zuvor war mein Vater verunfallt, schwer. Da hat mich eine Kollegin aus dem Jugendzentrum angesprochen und gesagt, ich kümmere mich hier speziell um Mädels, und hat mir Gesprächsangebote gemacht. Das tat unheimlich gut.

1999 erfuhr ich, dass im Jugendzentrum Black Bull eine Stelle für Mädchen*arbeit zu besetzen war. Ich hatte das große Glück, auf dieser neuen Stelle zu arbeiten, und das tue ich bis heute. Es gab auch ein stellenmäßiges Äquivalent für die Jungenarbeit. Da waren wir wirklich weit vorne, dass wir paritätisch gearbeitet haben, im Budget, in der Angebotsform und in der Angebotsmenge.

Warst du dabei, als die ersten Mädchen*arbeitskreise gegründet wurde?

Ich war früher im Arbeitskreis Mädchen* Süd. Das war ein Zusammenschluss von Frauen, die Mädchen*arbeit gemacht haben. Wir haben einen „Mädchen*-Kulturtag“ gemacht oder verschiedene ‚Messen‘ und Aktionen in den einzelnen Jugendzentren veranstaltet.

Die städtische AG 7 „Mädchen“ war wiederum der Kreis, wo ich über die Mädchen*arbeit berichtet habe. Andrea Reckfort vom städtischen Frauenbüro hat ihrerseits informiert, was es für Antragsmöglichkeiten für die Mädchenarbeit gibt. Die AG 7 „Mädchen“ war riesig. Als ich das erste Mal in der AG 7 „Mädchen“ war, saßen da bestimmt 35, 40 Personen. Es waren alle versammelt, die Mädchen*arbeit gemacht haben, auch die Kolleginnen von den kirchlichen Trägern.

Wie hast du die Fusionierung der Mädchen*- und Jungenarbeitskreise erlebt?

Mit der AG 7 „Mädchen“ hatten wir uns damit beschäftigt, Leitlinien für die Mädchen*arbeit zu definieren und festzuschreiben. Es war sehr aufwändig, und wir haben die Leitlinien im Ausschuss für Kinder, Jugendliche und Familien vorgestellt.

Aber auf kommunaler Ebene, Landesebene und Bundesebene wehte ein anderer Wind.

Immer, wenn man sich für Mädchen*arbeit stark gemacht hat, kam die Frage: „Und was ist mit den Jungs?“ Im Jahr 2005 wurde der Arbeitskreis „Jungen“ Münster gegründet.

Letztendlich hat man in der AG 7 „Mädchen“ und im AK „Jungen“ strategisch gedacht: Es ist schlau, gemeinsame Sache zu machen, um politisches Gewicht zu haben.

Sodass schließlich alle unter Begleitung der Moderator*innen Michael Drogand-Strud und Claudia Wallner die Fusion zur AG 1 „Gender“ 2007 als Neuanfang und Chance erlebt haben.

Was sind aus deiner Sicht die Stärken der Mädchen*arbeit in Münster?

Ich glaube, eine große Stärke ist es, dass die Vernetzung der Mädchen*arbeit in Münster gewachsen ist. Es sind starke Netzwerkstrukturen mit vielen Partner*innen, auch im Amt für Kinder und Jugendliche und Familien und im Amt für Gleichstellung. Wir hatten früh einen strukturellen Rahmen, da es im städtischen Frauenbüro eine Stelle speziell für die Mädchen*arbeit gab, außerdem gab es eine Vernetzung mit der Landesarbeitsgemeinschaft Mädchen*arbeit NRW.

Wir sind eine Stadt, der es vergleichsweise immer gut ging. Eine Stadt, der es gut geht, kann Qualität halten. Es gibt viele Studierende hier, was bedeutet, es ist Zeitgeist in der Stadt. Und engagierte Personen, die die Arbeit umsetzen, die Fachkolleginnen. Das finde ich übrigens auch gut in der Vernetzung der Mädchen*arbeit: Dass Frauen unterschiedlicher Generationen zusammenarbeiten. Der Austausch gelingt, weil Erfahrung und Spirit, Zeitgeist und Jungsein eine glückliche Paarung sind. Es kommt immer etwas Gutes dabei heraus.

Wo siehst du die zukünftigen Herausforderungen für die Mädchen*arbeit in Münster?

Es war gut und wichtig, dass wir aus der AG 1 „Gender“ heraus den Arbeitskreis Mädchen*arbeit Münster ganz schnell auf die Beine gestellt haben, dass wir uns Ziele gesetzt haben, und den Auftrag gegeben haben, dass die Mädchen*arbeit sichtbar bleibt.

Es ist die traurige Wahrheit, dass auch die Stadt Münster inzwischen finanziell zu kämpfen hat. Wir müssen gucken, dass wir in der Mädchen*arbeit den Qualitätsstandard wahren können. Meine größte Sorge ist, dass sich die Stadt die Absicherung von Qualität nicht mehr leisten kann. Um so wichtiger ist die Vernetzung.

Wenn du einen Wunsch für die Mädchen*arbeit frei hättest, was würdest du dir wünschen?

Geld würde ich mir wünschen, weiterhin Frauen, die den Spirit haben, Bedarfe von Mädchen* zu sehen und sich dafür stark zu machen, und dass Engagement, professionelle Arbeit und Qualität gut ausfinanziert bleiben.